Radibor wird zum Bücherschloss
Es ist noch immer kalt im Schloss Radibor. Die Heizung ist noch nicht angeschlossen, weil die neuen Fenster noch nicht ganz dicht sind. Durch den Einbau ist es noch recht staubig in den Gängen des Schlosses. Dennoch hat Schlossherr Erwin Feurer schon angefangen, seine neue Idee umzusetzen: Er baut in Treppenhaus und Wandelgang Regale für eine Bibliothek auf.
Erwin Feurer hat die Idee von einem lebendigen Schloss für die Öffentlichkeit noch nicht aufgegeben. In dem kleinen Schweizer Städtchen Rohrschach, am südlichen Bodensee gelegen, wurde gerade ein neues Bibliothekssystem eingebaut. Somit waren die bisher genutzten Regale übrig. Erwin Feurer bekam sie geschenkt. Nun liegen viele Einzelteile für rund 20 Regale in der Eingangshalle. Inmitten des einen oder anderen aus der Schweiz mitgebrachten Möbelstücks. Selbst eine alte Waschtrommel aus den 50er-Jahren fand den Weg ins Schloss. Wenn Erwin Feurer vor Ort in Radibor ist, hat er ständig zu räumen.
Die Regale zu füllen, wird dem Schlossherrn nicht schwerfallen. Er bekam eine Sammlung von einem Freund, besitzt aber auch selbst viele Bücher. „Es ist doch viel zu schade, so etwas wegzuwerfen", sagt er. Deshalb kam er auch auf die Idee einer sogenannten Handbibliothek. In die 20 Regale sollen neue und alte Romane, Erzählungen, Krimis – kurz Trivialliteratur – kommen. Wer sich ein Buch ausleihen möchte, kann dies tun. Wenn er es behalten möchte, kann er dafür ein anderes Buch zurückbringen. Das System funktioniert zum Beispiel in Urlaubshotels ganz gut. Feurer kann sich aber auch vorstellen, dass man sich einfach im Schloss mal zum Lesen niederlässt. Im Obergeschoss soll der Raum mit der Wandzeichnung von Horst Schlossar zum gemütlichen Leseraum werden. Im Raum neben der Eingangshalle steht dann eine Kunstbibliothek bereit. „Das sind rund 2000Bücher, die ich im Laufe meiner Arbeit für meinen Kunstverlag für Ausgegrenzte und Vergessene gesammelt habe", sagt Erwin Feurer. Die Künstler-Biographien, Bildbände oder Bücher über Kunstobjekte, wie zum Beispiel über die Verhüllung des Reichstags durch Christo, können dort bei einer Tasse Kaffee angesehen werden. „So ein kleines Lesecafé funktioniert zum Beispiel auf der Insel Reichenau sehr gut", sagt Erwin Feurer.
Das Dach muss gesichert werden
Anfangen möchte er mit kurzen Öffnungszeiten. Er hat bereits mit jemandem geredet, der Interesse hat, die Bibliothek zu betreuen. Je nachdem, wie das Angebot angenommen wird, ist es jederzeit erweiterbar. Feurer will damit wieder eine Möglichkeit schaffen, das Schloss zu öffnen, um es Interessenten zugängig zu machen.
Neben dem Einbau von Übergangsfenstern haben in der vergangenen Zeit auch Fachfirmen unter dem Dach gearbeitet. Zum Teil werden Zimmerdecken noch abgestützt, weil der Dachstuhl noch gesichert wird. Alte Balken wurden ausgetauscht und das Dach mit Stahlbändern zusammengezogen. „Der Dachstuhl hat auf das Obergeschoss gedrückt. Somit schoben sich die Seitenwände auseinander", erklärt Feurer. Die Dachsanierung ist nun vorrangige Aufgabe. Schließlich soll bis zum Winter dann auch die Heizung angeschlossen werden – zumindest in einem Teil des Schlosses. „Dann kann es auch in der kalten Zeit genutzt werden", so Feurer.
Seine Idee, im Schloss ein Burnout-Zentrum einzurichten, hat Erwin Feurer dennoch nicht aufgegeben. Gerade hat er sich mit einer interessierten Ärztin darüber unterhalten. Und er hofft immer noch auf Ideen der Menschen vor Ort, wie sie sich eine Belebung des Schlosses vorstellen. Denn Fakt ist eins: Erwin Feurer hat noch keinen große Jackpot gewonnen, um alle Vorhaben allein und auf einmal zu stemmen. Deshalb ist er froh, beim Jugendclub Radibor viel Unterstützung zu bekommen.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen